Pilzsammler
Bild: Wolfgang Prüfert
Speisepilze
Pilze sammeln
Galt das Sammeln von Pilzen in früheren Zeiten noch als notwendige Beschäftigung zur Bereicherung des mageren Speisezettels, so ist es heute zu einem beliebten Event für die ganze Familie geworden. Der erholsame Aufenthalt in der Natur, das Erlebnis der spannenden Pilzsuche und am Ende noch die Aussicht auf eine schmackhafte und gesunde Pilzmahlzeit lassen das Herz eines jeden Pilzfreundes höherschlagen. Bei vielen, insbesondere unerfahrenen, Pilzsammlern bestehen jedoch auch Bedenken und Unsicherheiten hinsichtlich des Speisewertes von Pilzen. Von den geschätzt 14.400 Pilzarten in Deutschland sind lediglich ca. 200 essbar und 150 Arten giftig, hiervon werden 10 Arten als tödlich giftige Pilze eingestuft. Die restlichen Pilzarten gelten als ungenießbar, d.h. sie schmecken nicht, sind unverdaulich, zu klein oder zu hart oder die Giftwirkung ist noch nicht erforscht.
Damit die Freude am Sammelerlebnis am Ende nicht gar durch eine Pilzvergiftung getrübt wird, gilt es, einige Regeln zu beachten. Die DGfM hält dazu auf ihren Seiten viele wertvolle Tipps für Pilzsammler bereit.
Als anerkannte Umweltschutz- und Naturschutzvereinigung appellieren wir zudem an alle Naturfreunde, sich beim Aufenthalt in der Natur und besonders beim Sammeln von Pilzen stets verantwortungsbewusst und schonend im Sinne eines nachhaltigen Umgangs mit der Natur zu verhalten.
Bild: Harald Sattler
Wildpilze als Speisepilze
Vergleicht man mehrere Pilzbücher, so findet man widersprüchliche Angaben zur Essbarkeit der Arten. Zudem wurden in den letzten Jahren immer wieder Giftstoffe in Pilzen, die in älteren Büchern als Speisepilze galten, entdeckt (siehe auch den Beitrag „Vergiftungssyndrome“ mit der beigefügten „Liste der Giftpilze“).
Daher hat der Fachausschuss Toxikologie und Pilzverwertung eine Positivliste der Speisepilze erarbeitet, die Arten umfasst, die als essbar gelten können. Sammler sollten dennoch vorsichtig vorgehen, wenn sie neue Pilzarten auf den Speisezettel nehmen. Auch bei guten Speisepilzen kann es Allergien oder individuelle Unverträglichkeiten geben.
Pilzarten, bei denen regelmäßig Unverträglichkeiten auftreten oder die nur unter Einschränkung als Speisepilze gelten können, wurden auf einer Liste der uneinheitlich bewerteten Speisepilze erfasst. Solche Pilzarten sollten in einer Beratung nur mit deutlichen Warnungen verbunden zum Essen freigegeben werden.
Die Liste ist vorrangig als Hilfestellung und zur Untermauerung der Argumentation für den Anfänger in der Pilzberatung gedacht. Allerdings ist der Pilzsachverständige je nach eigener Erfahrung und individueller Beratungssituation nicht an diese Liste gebunden. Auch wird der Pilzsachverständige die Qualität und das Alter der ihm vorgelegten Arten in seiner Beratung berücksichtigen. Nicht jeder Pilzsachverständige kennt alle hier aufgeführten Arten. Mit zunehmender Erfahrung wird sich dies natürlich ändern. Geschützte Arten oder Arten der Roten Liste wurden absichtlich und mit einer Kennzeichnung aufgeführt, so dass der Pilzsachverständige entsprechend beraten kann.
Das Sammeln von Speisepilzen dient heute nicht mehr der Ernährung wie in Kriegs- und Nachkriegszeiten, sondern dem Naturerlebnis verbunden mit nachfolgendem Genuss. Daher haben nur Arten eine Aufnahme in diese Liste gefunden, von denen wir glauben, dass sie nach ausreichendem Erhitzen und in angemessener Menge problemlos essbar sind. Über die Schmackhaftigkeit lässt sich natürlich streiten. Eine Ausnahme bilden die Morcheln. Es ist inzwischen bekannt, dass sie gelegentlich gastrointestinale und/oder rein neurologische Symptome hervorrufen können.
Verantwortungsvolles Sammeln
Die wichtigsten Regeln für das Pilzesammeln
Grundsätzlich nimmt das Pilzmyzel im Boden durch das Sammeln der oberirdischen Fruchtkörper keinen Schaden. Dabei ist es egal, ob die Pilze abgeschnitten oder herausgedreht werden. Es empfiehlt sich aber, Pilze vorsichtig dem Boden zu entnehmen, da sich an der Stielbasis oft wichtige Merkmale befinden, die sonst im Wald verbleiben wie zum Beispiel die Scheide des Grünen Knollenblätterpilzes (Amanita phalloides).
Vor dem Hineinlegen in den Korb sollten Sie die Pilze aber grob putzen, bei manchen Arten ist die schleimige Huthaut abzuziehen.
Sammeln Sie nur Pilzarten, die Sie sicher kennen.
Von unbekannten Pilzen können Sie 2–3 Exemplare in möglichst unterschiedlichen Entwicklungsstadien mitnehmen und zu Hause in Ruhe bestimmen. Bewahren Sie unbekannte Pilze getrennt von den Speisepilzen auf, da selbst kleine Teile eines tödlich giftigen Pilzes den ganzen Korb verderben können.
Sammeln Sie nur gesunde, frische Pilze und lassen sie überalterte und zu große Exemplare stehen. Diese sind kein Genuss mehr und können durch bereits beginnende Zersetzung sogar zu einer Lebensmittelvergiftung führen. Dennoch sind sie eine wertvolle Sporenquelle für die nächste Generation. Nehmen Sie hinsichtlich der Qualität nur die Pilze mit, die Sie auch auf dem Markt kaufen würden.
Bei ganz kleinen Pilzen sind oft die Merkmale noch nicht ausgebildet – lassen Sie diese in Ruhe groß werden, für den nächsten Sammler.
Pilze nehmen im Ökosystem Wald sehr vielfältige ökologische Rollen wahr. Sammeln Sie mit Sinn und Verstand – keiner ist auf die Pilze angewiesen, um nicht zu verhungern.
Auch für Pilze gelten Naturschutzregeln: Viele Speisepilze wie Steinpilze, Rotkappen und Pfifferlinge stehen unter Naturschutz und dürfen nur in kleinen Mengen für den Eigenbedarf gesammelt werden. Richtgröße sind ca. 1–2 kg pro Sammler und Tag. Einige Arten sind auch total geschützt.
Bild: Harald Sattler
Sammeln Sie die Pilze in einen Korb, damit die Pilze luftig liegen können. Völlig ungeeignet sind Plastiktüten, da die Pilze darin „schwitzen“ und sehr leicht in Zersetzung übergehen.
Mehr Infos zum Fuchsbandwurm gibts hier:
Bitte beachten Sie auch folgende Regeln:
- Parken Sie Ihre Autos an den dafür vorgesehenen Parkplätzen. Straßenränder und Einfahrten von Waldwegen gehören nicht dazu.
- Sollten Sie einen Hund mitführen, nehmen Sie ihn an die Leine. Dies ist aus Rücksicht gegenüber anderen Waldbesuchern und dem Wild geboten.
- Bewegen Sie sich im Wald rücksichtsvoll, betreten Sie keine Schonungen und frisch gepflanzte Bereiche. Meiden Sie Waldstücke, in denen offensichtlich Forstarbeiten stattfinden.
- Im Wald nicht rauchen und lärmen, Tiere nicht beunruhigen oder einfangen, Vogelnester und Ameisenhaufen in Ruhe lassen, Pflanzen und Bäume nicht beschädigen und jagdliche sowie forstliche Einrichtungen respektieren und nicht betreten.
- Bitte lassen Sie keinen Müll oder Abfall im Wald zurück und nehmen Sie alles, was Sie mitgebracht haben, auch wieder mit nach Hause. Sollten Sie Abfall im Wald sehen, vollbringen Sie eine gute Tat und nehmen sie diesen mit, um ihn im nächsten Mülleimer zu entsorgen.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß und Erfolg bei Ihrem Gang durch den Wald. Genießen Sie die Natur und ermöglichen Sie es ebenso anderen Besuchern, den faszinierenden Lebensraum Wald zu erleben.
Pilzbestimmung
"Kann man diesen Pilz essen?"
Wir begrüßen das gestiegene und durch die Covid-19-Pandemie weiter befeuerte Interesse an Naturthemen und speziell an Pilzen. Womöglich wachsen sogar im eigenen Garten appetitlich aussehende Pilze, die man gerne verzehren möchte. Um zu erfahren, ob die Pilze essbar sind, erscheint eine Anfrage mit dem Smartphone zunächst naheliegend.
Doch ein verantwortungsvoller PSV gibt keine Pilze zum Verzehr frei, die er nicht persönlich vorgelegt bekommt. Ansonsten würde er gegen die „Ordnung für die Prüfung, Tätigkeit und Weiterbildung der Pilzsachverständigen“ verstoßen und seinen Versicherungsschutz verlieren. Schlimmstenfalls könnte ihm sogar der PSV-Status aberkannt werden.
Keine Bestimmung anhand von Bildern
So wie der Blätterpilz auf dem Foto oder ähnlich sehen viele ungeeignete Bestimmungsanfragen aus, die unsere Pilzsachverständigen (PSV) erreichen. Entweder klassisch per E-Mail oder mittels WhatsApp, Twitter & Co – zuweilen rufen Ratsuchende sogar an und erwarten eine Bestimmung gänzlich ohne Bild. Doch solche „Fernbestimmungen“ sind für Pilzsammler gefährlich und deshalb für PSV der DGfM verboten.
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Ungünstige Draufsicht und falscher Fokus: Der Hintergrund ist scharf, aber der Pilzhut unscharf abgebildet.
Bild: Paul Glombitza
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Durch den tieferen Blickwinkel und den richtigen Fokus ist der ganze Fruchtkörper gut erkennbar: Amanita fulva, der Rotbraune Scheidenstreifling.
Bild: Paul Glombitza
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Zur Bestimmung oder Arteingrenzung wenig brauchbar: brauner Pilzhut auf moosigem Waldboden
Bild: Jacqueline Strobel
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Alle nötigen Merkmale des Fruchtkörpers sichtbar: Caloboletus calopus, der Schönfußröhrling
Bild: Jacqueline Strobel
Keine Verzehrfreigabe aus der Ferne
Diese strikte Regel wirkt zunächst überzogen, hat aber ihre Gründe: Nur anhand von Bildern ist eine zweifelsfreie Bestimmung von Pilzen oft nicht möglich. Beispielsweise können wichtige Merkmale wie z. B. Geruch und Geschmack nicht zur Bestimmung herangezogen werden. Außerdem fehlen oft konkrete Angaben zum Fundort wie z. B. Begleitpflanzen und Bodenbeschaffenheit. Unspezifische Angaben wie „im Mischwald“ sind hingegen selten hilfreich.
Selbst wenn die Art zweifelsfrei bestimmt werden kann, lässt sich der Frischezustand nicht oder nur unzureichend beurteilen. Hierfür sind vor allem der Geruch und die Konsistenz der Fruchtkörper entscheidend. So verwundert es kaum, dass die meisten Pilzvergiftungen durch den Verzehr überalterter Exemplare essbarer Arten verursacht werden.
Es bleibt also nur die Möglichkeit, die Pilzfunde einem PSV vorzulegen. Dieser kann dann anhand des Frischezustands der Fruchtkörper die Verwertbarkeit von Speisepilzen beurteilen.
Tipps für Pilzberatungen
Wenn Sie einen Pilzsachverständigen zur Bestimmungshilfe aufsuchen, präsentieren Sie ihm bitte alle Funde. Denn weiteres Sammelgut z. B. im Kofferraum oder daheim im Kühlschrank können sonst nicht zum Verzehr freigegeben werden.
Legen Sie stets vollständige Fruchtkörper vor. Insbesondere Lamellenpilze müssen vorsichtig mitsamt der Stielbasis aus dem Boden gehebelt werden. Denn bei abgeschnittenen Exemplaren würde sonst ein wichtiges Bestimmungsmerkmal fehlen.
Befreien Sie die Pilze bereits an der Fundstelle von groben Schmutz- und Pflanzenteilen. Hierfür kann ein Pilzmesser mit Pinselborsten gute Dienste leisten.
Eventuell sortieren Sie die Pilze auch schon einmal und machen sich Gedanken, um welche Arten es sich handeln könnte. Der PSV wird sich darüber und über Ihr Interesse sicher freuen.
Erst Pilzberatung, dann Pilzmahlzeit
Sinn und Zweck einer Pilzberatung ist es nicht, Menschen zu einer üppigen Mahlzeit zu verhelfen, sondern ihnen die Vielfalt und Schönheit der Pilze näher zu bringen, die Artenkenntnis zu erweitern und den respektvollen und schonenden Umgang mit der Natur zu vermitteln.
Essen Sie in Ihrem eigenen Interesse keine Pilze, die nicht sicher bestimmt und/oder durch einen PSV zum Verzehr freigegeben worden sind!
Einen PSV in Ihrer Nähe finden Sie mittels der Suchfunktion im Servicebereich.
Speisepilze im Handel
Die nachfolgenden Informationen sollen den Pilzsachverständigen (PSV) *1 deutlich machen, dass der Handel mit Pilzen und Pilzprodukten kein rechtsfreier Raum in Deutschland ist. Allerdings haben PSV beim Gang über den Markt oder durch den Supermarkt keine weitergehenden Rechte als jeder andere Verbraucher. Aber sie haben die besseren Kenntnisse bezüglich der angebotenen Pilzarten und deren Qualität. Die amtlichen Kontrollen von Pilzen und Pilzerzeugnissen, die an Verbraucher abgegeben werden, obliegen aber gemäß dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) den jeweils zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden.
Der Handel mit Speisepilzen und Pilzprodukten stellt einen nicht unwesentlichen Wirtschaftsfaktor dar. Allein die Produktion von Champignons betrug 2021 in Deutschland etwa 85.000 t (www.pilzbau.de/statistik.html). Wildpilze wie Pfifferlinge und Steinpilze werden meist aus osteuropäischen Ländern importiert, wo ihr Vorkommen noch häufiger und das Sammeln für Erwerbzwecke, anders als in Deutschland, erlaubt ist. Die Einfuhr von Pfifferlingen lag im Jahr 2024 bei etwa 4.281 t und von Steinpilzen bei 141 Tonnen (18.09.2024; www.ble.de).
Der hat der Fachausschuss Toxikologie und Pilzverwertung eine Positivliste der Speisepilze erarbeitet, die Arten umfasst, die als essbar gelten können. Sammler sollten dennoch vorsichtig vorgehen, wenn sie neue Pilzarten auf den Speisezettel nehmen. Auch bei guten Speisepilzen kann es Allergien oder individuelle Unverträglichkeiten geben.
Pilzarten, bei denen regelmäßig Unverträglichkeiten auftreten oder die nur unter Einschränkung als Speisepilze gelten können, wurden auf einer Liste der uneinheitlich bewerteten Speisepilze erfasst. Solche Pilzarten sollten in einer Beratung nur mit deutlichen Warnungen verbunden zum Essen freigegeben werden.
Kulturpilze vs. Wildpilze
Im Bereich der Lebensmittel wird zwischen Kulturpilzen (auch Zuchtpilze genannt) und Wildpilzen unterschieden.
Kulturpilze (Zuchtpilze)
Bei den Kulturpilzen wird zwischen Kulturchampignons und anderen Kulturpilzen unterschieden.
Kulturchampignons und andere Kulturpilze (z. B. Austernseitlinge, Kräuterseitlinge, Shiitake, Mu-Err) werden nach der allgemeinen Vermarktungsnorm (Durchführungsverordnung (EU) 543/2011, Anhang I, Teil A) vermarktet.
Die allgemeine Vermarktungsnorm legt die Mindestqualität fest: Ganz, gesund, sauber, frei von Schädlingen, frei von Schäden durch Schädlinge, frei von anormaler äußerer Feuchtigkeit, frei von fremdem Geruch und/oder Geschmack, Mindestreife sowie Angabe des Ursprungslandes.
Kulturchampignons können aber auch nach der UNECE-Norm FFV 24 *2 vermarktet werden. Dann ist eine Qualitätsunterscheidung in die Klassen (Klassen/Kl. – nicht Handelsklassen/HKL) I, II und Extra möglich. Auf dem Etikett ist in der Regel nur die Klasse, nicht jedoch die Norm angegeben. UNECE-Normen sind keine gesetzlichen sondern freiwillige Handelsnormen.
Der Fachausschuss Toxikologie und Pilzverwertung hat neben der Positivliste der Speisepilze und einer Liste der uneinheitlich bewerteten Speisepilze auch eine Liste der kultivierbaren Speisepilze erarbeitet. Wie bei essbaren Wildpilzen gilt auch hier, dass aus Kulturen stammende Pilzarten Allergien oder individuelle Unverträglichkeiten auslösen können. Bei neuen Pilzarten auf dem Speisezettel ist daher stets Vorsicht angeraten, auch wenn diese aus dem Handel stammen..
Wildpilze
Die allgemeine Vermarktungsnorm gilt nicht für Wildpilze. Der Gesetzgeber stiftet erst einmal etwas Verwirrung: DVO (EU) 543/2011, Art. 3 (1) vom 7.6.2011 besagt, dass, wenn keine spezielle Vermarktungsnorm gilt – und es gibt für Pilze keine speziellen, gesetzlichen Vermarktungsnormen – müssen die Pilze der allgemeinen Vermarktungsnorm entsprechen. Allerdings nimmt der Absatz 6 der DVO nicht gezüchtete Pilze des KN-Codes 0709 59 *3 von der Erfüllung der allgemeinen Vermarktungsnorm aus. Die Ausnahmen sind Pfifferlinge, Steinpilze, Trüffel sowie andere. Andere können z. B. Maronenröhrling, Semmelstoppelpilz, Krause Glucke und weitere Wildpilze sein. Beim KN-Code (Kombinierte Nomenklatur) geht es um zolltarifliche Vorschriften. Da für diese Pilzarten keine gesetzlichen Vermarktungsnormen gelten, wird auch klar, warum Steinpilze, Pfifferlinge, Maronenröhrlinge usw. auf dem Markt so aussehen wie sie aussehen.
Innerhalb der Gruppe der Wildpilze nehmen Steinpilze, Pfifferlinge und Trüffeln im Vergleich zu anderen Wildpilzen im Handel eine Sonderstellung ein. Kann der Besitzer (in der Regel der Händler) der Pilze nachweisen, dass diese Wildpilze einer UNECE-Norm entsprechen, so gilt diese Norm der Allgemeinen Vermarktungsnorm entsprechend. Steinpilze (FFV 54), Pfifferlinge (FFV 55) und Trüffeln (FFV 53) können nach diesen FFV-UNECE-Normen vermarktet werden. Dann sind für diese Pilzarten auch Klassenbildungen (keine Handelsklassen/HKL) entsprechend der einzelnen Norm möglich. Dass diese Normen nicht in deutscher Sprache vorliegen, mindert nicht ihre Anwendungsfähigkeit im deutschen Handel.
Für Pilze gibt es in Deutschland keine Handelsklassen (HKL)!
Trotzdem wird man immer wieder die Beschilderung HKL I oder HKL II in den Angeboten finden. Nach § 7 des Handelsklassengesetzes handelt es sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. In anderen EU-Mitgliedstaaten kann ein Verbot wie in § 7 des Handelsklassengesetzes fehlen. Eine Klassenkennzeichnung von Pilzen aus anderen EU-Mitgliedstaaten ist daher bei diesen Erzeugnissen zu tolerieren.
Ebenso werden Pilze mit Klassenbezeichnungen (KL) I oder II ausgezeichnet, obwohl für diese Pilzarten keine Klassen (UNECE-Norm) vorgesehen sind oder sie nicht den Anforderungen der angegebenen Klasse entsprechen. Lediglich für getrocknete Pilze und Konservenware sehen die Leitsätze für Pilze und Pilzerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuches die Möglichkeit einer Qualitätsbezeichnung vor.
Verpflichtende Angaben zu den angebotenen frischen Pilzen
Verpflichtende Angaben wie z. B. die Bezeichnung des Lebensmittels oder des Ursprungslands/der Herkunft sowie weitere Angaben sind in der Lebensmittel-Informationsverordnung VO (EU) 1162/2011 sowie in der allgemeinen Vermarktungsnorm DVO (EU) 543/2011 geregelt. Wild gesammelte Pilze des KN-Codes 0709 59 unterliegen jedoch nicht der allgemeinen Vermarktungsnorm. Daher müssen sie auch nicht mit dem Ursprungsland gekennzeichnet sein.
Weitere nationale und internationale Regelungen
Deutsches Lebensmittelbuch – Leitsätze für Pilze und Pilzerzeugnisse
Oberste Maxime im Lebensmittelverkehr ist der gesundheitliche Verbraucherschutz und der Schutz vor Täuschung. Der Schutz vor Täuschung ist gewährleistet, wenn ein Lebensmittel in Zusammensetzung und Kennzeichnung der Verkehrsauffassung, also der redlichen Herstellungspraxis und der berechtigten Verbrauchererwartung, entspricht.
Die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuches (DLMB) sind keine Rechtsnormen und damit nicht rechtsverbindlich. Auch kommt ihnen nicht der Charakter von Verwaltungsrichtlinien zu. In Beurteilungen und Stellungnahmen sind die Leitsätze deshalb als Auslegungshilfe, nicht aber als Rechtsgrundlage zitierbar.
Leitsätze haben den Charakter objektivierter Sachverständigengutachten. Sie beschreiben die allgemeine Verkehrsauffassung über die Zusammensetzung und die sonstige Beschaffenheit der Produkte und bringen die hiernach zutreffende verkehrsübliche Bezeichnung des Lebensmittels im Sinne der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) zum Ausdruck. Sie sind darüber hinaus vorrangige Auslegungshilfe für die Beantwortung der Frage, ob eine Irreführung im Sinne der Vorschriften des Lebensmittelrechts vorliegt. Daher haben sie eine große Bedeutung für Hersteller, Handel und Überwachung ebenso wie auf Verbraucher. In Gerichtsverfahren sind sie eine wichtige Orientierungs- und Auslegungshilfe. Die Leitsätze werden in Abständen überarbeitet und den tatsächlichen Gegebenheiten bei der Produktion von Pilzerzeugnissen sowie des Handels angepasst.
Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V. (DGfM) ist seit 2018 im Fachausschuss 5 (Obst, Gemüse, Pilze) der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission wieder mit einem Mitglied aus dem DGfM-Fachausschuss „Pilzverwertung und Toxikologie“ als Sachkundigen für den Bereich der Leitsätze für Pilze und Pilzerzeugnisse vertreten.
Die Artenliste in den Leitsätzen für Pilze und Pilzerzeugnisse umfasst derzeit etwa 60 Pilzarten, die bei der Herstellung von Pilzprodukten und im Handel eine Rolle spielen. Sie wird zur Zeit durch den zuständigen Fachausschuss der Deutschen Lebensmittelbuchkommission überarbeitet. Die Leitsätze schränken jedoch nicht die Zulässigkeit des Handels mit weiteren, problemlos genießbaren Pilzarten ein. Sie gelten zwar nur für Deutschland, finden aber auch bei ausländischen Handelspartnern, Züchtern und Herstellern von Pilzprodukten Beachtung, wenn sie auf dem deutschen Markt agieren wollen.
Codex Alimentarius
Dem Codex Alimentarius sind 187 Länder sowie die EU beigetreten. Auch Deutschland gehört dieser Vereinigung im Rahmen der EU an. Die vom Codex Alimentarius herausgegebenen Lebensmittelstandards sind allerdings nicht rechtsverbindlich sondern haben den Charakter von Empfehlungen. Mit Pilzen befassen sich Codex STAN 38-1981 (General Standard), Codex STAN 39-1981 (Dried Fungi) sowie Codex STAN 40R-1981R (Chanterelle). Codex STAN 55-1981 (Canned Mushrooms) ist aufgehoben und als Anhang in den Codex STAN 297-2009 (Standard for certain canned vegetables) unter der Bezeichnung „Annex on certain mushrooms“ eingegangen. Die Standards liegen jedoch nicht in deutscher Sprache vor.
Geschützte Pilzarten
Einige Pilzarten sind gemäß Bundesnaturschutzgesetz (§ 44 BNatSchG) in Verbindung mit der Bundesartenschutzverordnung (§ 2 BArtSchV) geschützt und dürfen nicht gehandelt werden, soweit es sich um wildlebende, heimische Populationen handelt. Die BArtSchV sieht jedoch unter bestimmten Voraussetzungen auch Ausnahmen gemäß § 2 vor. In Deutschland geschützte Arten werden aber meist aus Ländern eingeführt, in denen sie nicht geschützt sind.
Giftpilze im Handel
Wegen ihren besonderen Kenntnissen haben PSV eine besondere Verantwortung bei der Entdeckung von Giftpilzen. Das ist jedoch eine spezielle, umfangreiche Thematik, die hier nicht behandelt werden kann.
Verdorbene Pilze
Gemäß Verordnung (EU) 1308/2013, Art. 76 (1) dürfen Erzeugnisse des Sektors Obst und Gemüse, zu denen auch Pilze gehören, nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie in einwandfreiem Zustand, unverfälscht und von vermarktbarer Qualität sind und das Ursprungsland angegeben ist.
Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen gemäß VO (EG) 178/2002, Art. 14 nicht in Verkehr gebracht werden. Sie gelten als nicht sicher, wenn davon auszugehen ist, dass sie gesundheitsschädlich oder für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind.
Bei Verdacht sollten PSV die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde informieren.
Als Orientierungshilfe für nicht akzeptable Qualitäten stellt die DGfM Verbraucherschutztafeln zur Qualität von Pfifferlingen, Champignons, Austernseitlingen, Maronenröhrlingen und Steinpilzen zur Verfügung: www.dgfm-ev.de/service/materialien/verbraucherschutztafeln. Das 5er Set in A2 kann über unseren Shop bestellt werden.
Pilzerzeugnisse
Champignonkonserven werden sowohl als ganze Köpfe als auch geschnitten angeboten. Qualitätsunterschiede werden durch die Bezeichnungen Erste Wahl, Zweite Wahl, Dritte Wahl ausgedrückt. Diese Bezeichnungen sind vom Deutschen Lebensmittelbuch (DLMB), Leitsätze für Pilze und Pilzerzeugnisse, vorgegeben und haben nichts mit der UNECE-Norm FFV 24 für frische Fruchtkörper zu tun.
Neben Champignons werden auch weitere Kultur- und Wildpilze als Konserven angeboten. Beispiele: Steinpilze, Pfifferlinge, Morcheln, Trompetenpfifferlinge, Reisstrohpilze, Austernseitlinge, Shiitake, Chinesische Stockschwämmchen (Nameko), Butterpilze, Körnchenröhrlinge, Reizker. Teilweise befinden sich diese Arten auch als Trockenware oder Tiefkühlware im Handel.
Harry Andersson
PSV DGfM, Mitglied im DGfM-Fachausschuss „Pilzverwertung und Toxikologie“
Heidrun Weiß
Lebensmittelchemikerin, Mitglied im DGfM-Fachausschuss „Pilzverwertung und Toxikologie“
Galerie: Kulturpilze im Handel
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Aufgeschirmte Kulturchampignons, im Handel als Bella Gomba oder Portobello bezeichnet
Bild: Richard Eibl
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Abgepackte Kulturchampignons (Agaricus bisporus)
Bild: Harry Andersson
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Junge Exemplare des Pioppino oder Südlichen Ackerlings (Agrocybe aegerita)
Bild: Richard Eibl
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Erntereife Fruchtkörper des Pioppino in idealer Größe
Bild: Richard Eibl
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Enoki, eine langstielig gezüchtete Form des Samtfußrüblings (Flammulina velutipes agg.)
Bild: Richard Eibl
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Schälchen mit fruktifizierendem Buchenrasling (Hypsizygus tesselatus)
Bild: Richard Eibl
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Die Hutzeichnung des Buchenraslings erinnert an einen Schildkrötenpanzer.
Bild: Richard Eibl
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Ein aufgeschirmter Shiitake aus der Nähe.
Bild: Richard Eibl
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Substratblock mit fruktifizierendem Shiitake (Lentinula edodes)
Bild: Richard Eibl
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Der Nameko (Pholiota nameko) gelangt bisweilen als Japanisches Stockschwämmchen oder Goldkäppchen in den Handel.
Bild: Richard Eibl
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Der Zitronengelbe Seitling oder Limonenseitling ( Pleurotus citrinopileatus) hat entsprechend gefärbte Hüte.
Bild: Zvonimir Gljive Tomičić
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Büschelig wachsende Fruchtkörper des Taubenblauen Seitlings
Bild: Richard Eibl
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Farblich besonders jung attraktiv: der Rosenseitling (Pleurotus djamor)
Bild: Richard Eibl
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Ein Kräuterseitling mit dem typisch dickfleischigen Stiel und dem kleinen Hut
Bild: Richard Eibl
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Austernseitling (Pleurotus ostreatus), der zuweilen als „Kalbfleischpilz“ vermarktet wird.
Bild: Gaby Gericke
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Beim Igelstachelbart (Hericium erinaceus) oder Pom-Pom blanc ist der Name Programm.
Bild: Richard Eibl
Fußnoten
*1 Der Begriff PSV bezeichnet sowohl die männliche als auch die weibliche Form. ▲
*2 UNECE: United Nations Economic Commission for Europe – Deutschland gehört dem Gremium seit 1973 an; FFV: Fresh Fruit Vegetables ▲
*3 KN-Code (kombinierte Nomenklatur: Anhang I der VO (EWG) 2658/87 ▲