Hof zwischen Kaue und Remise

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Internationale Tagung 2023 in Lehesten

Schieferpark Lehesten

Internationale Exkursions- und Wissenschaftstagung 2023 in Lehesten

Tagungsbericht von Stefan Fischer

Es ist schon etwas Besonderes in einem wunderschönen Naturschutzgebiet, dem Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale, eine Tagung durchführen zu dürfen. Mit dem Seminar- und Tagungszentrum Schieferpark in Lehesten hatte die DGfM vom 14. bis 21. September 2023 dazu mit ihrer Exkursions- und Wissenschaftstagung die Gelegenheit direkt im NSG Staatsbruch zu tagen. Die verwitterten Schieferhalden mit ihren Birken und Kiefern, Heide- und Strauchgewächsen bieten Lebensraum für über 1.100 Tier- und Pflanzenarten. Einige Flechten-, Moos- und Pilzarten kommen landesweit nur im Staatsbruch vor. In Lehesten trafen sich 180 Mykologen und Pilzfreunde aus 13 Ländern. Es gab über 20 Exkursionen in Gebiete Thüringens und Bayerns, Vorträge zu Ökologie, Naturschutz und Klimawandel mit Zusammenhang zur Pilzwelt und pilzkundliche Seminare. Die zahlreichen persönlichen Gespräche und neugeknüpften Vernetzungen zwischen den Teilnehmern waren intensiv und für alle sehr wertvoll.

 

 

Drohnenaufnahmen vom Schieferpark Lehesten mit dem stillgelegten Schiefertagebau (2016) | Video: Yuneek Academy & European Geographic, Lizenz: CC BY 3.0

Planung

Bei den in Englisch gehaltenen wissenschaftlichen Kurzvorträgen und Symposien gab es die Themenschwerpunkte Anwendung von Pilzen in Technik und Industrie, Pilze als alternative Materialien, Kultivierung von Pilzen zur Gewinnung von Inhaltsstoffen und zur Ernährung, parasitische Pilze und deren Anwendungspotential, Pilzkrankheiten in Forst und Landwirtschaft, Interaktionen zwischen Pilzen und Tieren und Anatomie, Morphologie und Genetik der Pilze. Leicht war die Organisation der Tagung wahrlich nicht gewesen. Schon die Suche eines geeigneten Tagungszentrums, möglichst in Thüringen, kurz vor knapp war eine große Herausforderung. Hinzu kommt der eigentlich unerfüllbare Wunsch etwas mit direkten Übernachtungsmöglichkeiten für alle Teilnehmer zu finden. Es braucht Vortragsräume, Mikroskopierräume, Seminarräume, Präsentationsflächen für die Pilzfunde, Kommunikationsorte und ein ansprechendes Versorgungsangebot rund um die Uhr. Eine gute Zusammenarbeit mit den Mykologen aus der Wissenschaft, ermöglichte eine sehr gute Verzahnung der beiden Komplexe der gemeinsamen Exkursions- und Wissenschaftstagung. Schnell konnte ein anspruchsvolles Tagungsprogramm erstellt werden. Für die Erledigung der anstrengenden Anmeldeprozedur bedanken wir uns herzlich bei Babett Hübler und bei Andreas Kunze, der das Formular dafür erstellte. Sehr gut und entspannt lief die Kommunikation mit dem Tagungshaus. So konnten auch kleine Unstimmigkeiten während der Tagung ohne Eskalation schnell gelöst werden. Stefan Fischer ist für seine Unterstützung bei der Organisation einer ansprechenden Veranstaltungstechnik zu danken.

Eine zentrale Aufgabe war natürlich auch die Suche geeigneter, interessanter Exkursionsgebiete in Thüringen und Bayern. Dies wurde nicht dem Zufall überlassen, sondern die Gebiete wurden in aufwendigen Vorexkursionen 2022 und zeitgenau vor der Tagung von Wolfgang Prüfert und Stefan Fischer auf ihre Anfahrtstauglichkeit und Pilzvorkommen hin überprüft. Dies erwies sich bei der andauernden Trockenheit und den hohen Temperaturen gerade zum Tagungszeitraum 2023 als unabdingbar, um trotz ungünstiger Umstände gute Pilzfunde auf den Exkursionen zu ermöglichen, denn einige der Topgebiete fanden sich leider nahezu pilzleer. So wurde buchstäblich in der letzten Minute umdisponiert und auf Ersatzgebiete zurückgegriffen. Mit Unterstützung der Pilzfreunde aus Bayern und Thüringen konnten die notwendigen Genehmigungen der zuständigen Behörden sehr zufriedenstellend erlangt werden. Hier sei besonders Harald Ostrow für die bayrischen Gebiete gedankt. Entspannte, zuverlässige und routinierte Busfahrer aus Sonneberg ermöglichten uns eine sichere und problemlose Anfahrt vieler dieser Gebiete.

Dank der guten Vorbereitung der Exkursionen wurden natürlich zahlreiche und gute Pilzfunde gemacht. Für die genaue Bestimmung der Pilze fanden sich schnell Experten, nicht nur gleich vor Ort, sondern auch in einem der drei zur Verfügung stehenden gut ausgestatteten Mikroskopierräume. Am Ende blieb wohl kaum ein Fund unbestimmt.

Fundbearbeitung und Pilzausstellung

Sorgfältig wurden die bestimmten Pilzfunde in der großen Halle systematisch auf den Tischen ausgelegt und beschriftet. Die Anzahl der auf den Exkursionen gefunden Pilzarten kann leider vor einer Zusammenfassung und dem Abgleich der verschiedenen Exkursionsgebiete noch nicht beziffert werden. Täglich gab es zwei Fundbesprechungen für Anfänger und im Anschluss auch für die schon Fortgeschrittenen Pilzfreunde. Stellvertretend sei hier Rita Lüder, Peter Karasch und Bernhard Otto für ihren Einsatz dabei gedankt. Die Highlights des Tages wurden am Abend in einer gesonderten Präsentation ausführlich vorgestellt. Hierfür stellte Stefan Fischer eine Dokumentenkamera bereit, so dass die Pilze auf der Leinwand groß dargestellt werden konnten. Gut vorbereitet wurden uns so auch schwierig zu bestimmende Pilze, wie Rißpilze von Ditte Bandini nähergebracht. Die dann doch recht zahlreichen Funde boten auch eine gute Grundlage für die angebotenen Prüfungen. So legten erfolgreich einige Teilnehmer die Prüfung zum Pilzsachverständigen oder als Feldmykologe der Stufe II ab. Diesmal gab es sogar erstmalig eine erfolgreiche, praktische Prüfung für die Feldmykologie der Stufe III.

Selbstverständlich gab es auch diesmal wieder gut besuchte Täublings-Workshops mit Felix Hampe, der geduldig die wichtigsten Bestimmungsmerkmale dieser Gattung an konkreten Objekten erläuterte.

Preisträger

Angela Siemonsmeier und Markus Blaschke konnte der Medienpreis 2021 für ihren Podcast „WaldpilzWelten“ überreicht werden. Maren Kamke erhielt den Wolfgang-Beyer-Preis 2023 für ihre Verdienste im Bereich der mykologischen
Kartierung. Günter Saar wurde der Adalbert-Ricken-Preis 2023 für seine Arbeit als international renommierter Freizeitmykologe, besonders auf dem Gebiet der Cortinarien verliehen. Der Oscar-Brefeld-Preis 2023 ging an Anthony Tumenez
Buaya für seine außerordentlichen Verdienste bei der Erforschung der holokarpen Oomyceten.

Mitgliederversammlung

Ein weiterer Höhepunkt der Tagung war die offizielle Verkündung des Pilzes des Jahres 2024 am 17.09.2023. Diesmal ist es der Schopf-Tintling, der von Gerhard Schuster unterhaltsam vorgestellt wurde. Im Ergebnis der Mitgliederversammlung mit Wahl am 17.09.2023 gab es nicht nur ein fast einstimmig gewähltes Präsidium, sondern dieses bekam gleich von den Mitgliedern sehr anspruchsvolle Aufgaben mit auf den Weg. Die Aufgabe, zu prüfen, ob die DGfM als Umwelt- und Naturschutzverband offiziell anerkannt werden kann, um bei politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen eine Stimme zu haben, wird viel Kraft beanspruchen und die Unterstützung aller Mitglieder erfordern. Ralf Theisen aus Aldenhoven, der den Antrag stellte, sagte bereits umfangreiche Unterstützung zu. Neu für das Präsidium wurden Bernhard Otto als Vize-Präsident und Gerhard Schuster als Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit gewählt. Den scheidenden Mitgliedern des Präsidiums Peter Karasch, Andreas Kunze und Rita Lüder wurde herzlich mit einer Buchprämie für ihre ausgezeichnete, langjährige Arbeit gedankt.

Wissenschaftstagung

Den Link zum Programm der Wissenschaftstagung bildeten hochwertige Abendvorträge in Deutsch. So referierten Gitta Langer zum Thema Pilze und Klimawandel, Anna Gorbushina über mikroskopische Pilze und Pilzbiofilme auf technischen
Materialien und Ulrich Rühl über Pilze als alternative Proteinquelle. Die Wissenschaftstagung startete am 18.09.2023 ihr straffes Tagungsprogramm mit zahlreichen Kurzvorträgen, Symposien und einer Poster-Session. Alle Veranstaltungen waren stets offen für alle Tagungsteilnehmer. Die intensiven Diskussionen machten deutlich, dass nicht nur die Vortragenden, sondern auch das Publikum höchsten wissenschaftlichen Qualitätsansprüchen genügten. Die hohe Anzahl junger Wissenschaftler war sehr erfreulich. Auf einem„Treffen junger Mykologen“ bekamen sie diesmal Raum für einen ausgiebigen, fruchtbaren Austausch. Persönlich habe ich mich sehr gefreut, dass ich wieder Fatameh Salmaninezhad aus dem Iran begrüßen konnte. Stark beeindruckt haben mich auch die herzlichen Gespräche mit Professor Yang Zhu-Liang aus dem chinesischen Kunming zu denen ich die angenehme Gelegenheit hatte.

Resümee

Ein sehr großer Vorteil war, dass uns fast das gesamte Tagungshaus für 24 Stunden zur Verfügung stand. So konnten die intensiven Gespräche und Diskussionen am Abend problemlos in den warmen Räumen des Gästehauses ganz nach Belieben fortgesetzt werden. Dies galt auch für die Benutzung der Mikroskopierräume. Ein herzliches Dankeschön dafür an das Personal und die Geschäftsleitung des Tagungshauses. Die Verpflegung durch ein regionales Cateringunternehmen war ausgezeichnet. Bedauer-
lich war nur, dass leider zu viele Teilnehmer außerhalb Unterkunft nehmen mussten. Absolut souverän war die Betreung des Tagungsbüros, inklusive Kaffeeküche und Gebäck durch Alina Prüfert, Babett Hübler und Paulina Kruse. Herzlichen Dank dafür.

Es war eine wunderschöne, erfolgreiche Tagung mit sehr viel Gemeinsamkeit und einer riesigen Begeisterung für die Pilze. Die Reaktionen nach der Tagung machten besonders eines sehr deutlich - Es war wirklich eine entspannte aber spannende Tagung für alle Pilzfreunde, sowohl für die Mitglieder der DGfM als auch die zahlreichen Gäste. Freuen wir uns schon auf die nächste Tagung 2025 in Springe.

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