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Pilze im Kindergarten oder auf dem Spielplatz - besteht Handlungsbedarf?

Oft wenden sich besorgte Eltern oder das Personal von Kindertagesstätten an uns, wenn auf einem Spielgelände Pilze entdeckt werden. Besonders auf Mulch oder Holzhäcksel, die auf Spielplätzen gerne Verwendung finden, fühlen sich sogenannte Saprobionten, das sind Pilze, die sich von totem organischen Material ernähren, wohl. Natürlich können dort auch Pilze, die mit Pflanzen und insbesondere Bäumen eine symbiotische Gemeinschaft eingehen (Mykorrhizapilze), erscheinen. Die Unsicherheit, ob von den Pilzen potentielle Gefahren für die spielenden Kinder ausgehen, sei es durch das Einatmen von Pilzsporen, das einfache Berühren der Pilze oder dadurch, dass Kinder gar die Pilze oder auch nur Teile davon probieren, ist groß. Um solche Gefahren auszuschließen oder zumindest zu minimieren, ist es naheliegend, dass die Frage auftaucht, ob man die Pilze entfernen soll und wie dies nachhaltig (im Sinne, dass die „Pilze dauerhaft verschwinden“) erfolgen kann.


Die Sorge ist einerseits nachvollziehbar, andererseits gilt es zu bedenken, dass nicht alle in der Natur lauernde, mögliche Gefahren von vornherein ausgeschlossen werden können. Manche hübsche Pflanze beinhaltet sekundäre, toxische Stoffe wie z.B. Alkaloide und ist weitaus giftiger als einige Giftpilze. Im Gegensatz zu Pilzen, von denen es in Deutschland keine kontaktgiftigen Arten gibt, können Pflanzensäfte die noch sehr dünne Haut von Kindern mühelos durchdringen, so dass ein vermeintlich harmloses „Blümchen pflücken“ auch mit einer Vergiftung enden kann. Es soll hier aber keineswegs Panik verbreitet werden, denn für Kinder ist nichts spannender und lehrreicher als die Beschäftigung mit den Wundern der Natur und es gilt, Kindern diese zugänglich zu machen und sie gemeinsam mit ihnen zu entdecken. ErzieherInnen eines Waldkindergartens könnten wahrscheinlich keine Nacht ruhig schlafen, wenn sie ständig nur daran dächten, welche vermeintlichen Gefahren den ihnen anvertrauten Kleinen tagtäglich drohen, angefangen bei giftigen Pflanzen, Beeren und Pilzen über herabfallende Äste, Zecken, Eichenprozessionsspinnern, Fuchsbandwurm bis zu neuerdings auch Wölfen. Das Zauberwort ist Entspannung, denn ein entspannter Umgang mit der Natur ermöglicht es, auch dem Unbekannten und dem Unerwarteten offen gegenüberzustehen. Dazu sollte es selbstverständlich sein, dass man Kindern immer wieder nachdrücklich vermittelt, dass sie nichts einfach in den Mund stecken oder gar essen, seien es Blüten, Blätter, Früchte und Beeren oder eben Pilze...


Aber zurück zu der Frage, ob man sicherheitshalber Pilze auf einem Spielgelände entfernen sollte: Was man als Pilz wahrnimmt, ist nur der Fruchtkörper, das eigentliche Pilzgeflecht, das sogenannte Myzelium, befindet sich im Boden oder im Substrat. Saprobionten, also Folgezersetzer, verschwinden in der Regel von selbst, sobald das Substrat verbraucht ist. Wenn das organische Material, von dem sich der Pilz ernährt, ausgetauscht wird, ist nicht gewährleistet, dass der Pilz nicht auch in kurzer Zeit auch auf diesem neuen Material erscheint, da die Fruchtkörper bereits Sporen in die Umgebung entlassen haben. Im Zweifel ist der Pilz dankbar für das weitere Material, das er nun zersetzen darf…
Bei den eingangs erwähnten Mykorrhizapilzen durchzieht das Pilzgeflecht (Myzel) den Boden und ist unterirdisch mit den Wurzeln der Partnerpflanze verbunden. Oft ist dieses schon eine längere Zeit vorhanden, bevor sich die ersten Fruchtkörper zeigen oder aber es gab, was nicht ungewöhnlich ist, eine längere Pause in der Ausbildung von Fruchtkörpern. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass beim Erscheinen von Fruchtkörpern ein ausdauerndes Myzel vorhanden ist. Wollte man nun den Pilz an seinem Standort „ausrotten“, müsste man also das komplette Pilzgeflecht entfernen, was nahezu unmöglich ist. Der Einsatz von Fungiziden oder sonstiger chemischer Mittel verbietet sich im Sinne einer umweltverträglichen Vorgehensweise und auf einem Spielgelände von selbst. Selbstverständlich ist dafür Sorge zu tragen, dass sich auf einem Spielgelände keine tödlich giftigen Pilze befinden, da es ja nicht auszuschließen ist, dass Kinder die Pilze trotz Aufklärung (oder gar als Mutprobe!) in den Mund stecken. Zu bedenken ist aber auch, dass viele essbare Pilze roh giftig sind und sowohl diese als auch leicht giftige Pilze zu erheblichen Magen- und Darmstörungen führen können. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, die Fruchtkörper täglich abzusammeln, bevor die Kinder auf das Spielgelände kommen.

Mit Hilfe eines/einer Pilzsachverständigen kann in Erfahrung gebracht werden, um was für Pilze es sich handelt. Dazu legt man dem/der Pilzsachverständigen vollständige Fruchtkörper zusammen mit Angaben zum Standort (auf Mulch, Holz, auf dem Boden, welche Begleitpflanzen gibt es?) vor.  Kann man kurzfristig keinen Pilzsachverständigen erreichen, können auch Trockenpräparate des Pilzes zusammen mit den Fotos zu einem späteren Zeitpunkt beurteilt werden. Hierfür sollte der Pilz in mehreren Reifestadien, vollständig und in Detailansichten fotografiert werden. Vielleicht erklärt sich der/die Pilzsachverständige auch bereit, die KiTa zu besuchen und die Pilze während des KiTa-Betriebs in Augenschein zu nehmen. Bei einem kleinen Ausflug in einen Park oder Wald in der Umgebung oder auch anhand mitgebrachter weiterer Pilze kann bei diesem Anlass den Kindern einiges zum Thema Pilze erläutert und so der Sinn für diese faszinierenden Fadenwesen geweckt werden. Kinder, die solcherart „Natur zum Anfassen“ erleben, werden schnell begreifen, dass Pilze ein wichtiger Teil der Natur sind, dass man sie nicht mutwillig zerstört oder beschädigt und dass man schon gar nicht Pilze einfach in den Mund steckt. Wird eine solche Veranstaltung festes jährliches Programm der KiTa können ErzieherInnen künftig ganz entspannt damit umgehen, wenn wieder einmal Pilze auf dem Spielgelände erscheinen.
Pilzsachverständige in der Umgebung können über die Suchfunktion auf der Webseite der DGfM gefunden werden.

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